Genuss – Fang an, Dein Leben zu genießen

Ich erlebe immer wieder, dass Christen manchmal einen Klemmer damit haben, etwas Materielles wirklich zu genießen! Dürfen wir als Christen unseren Überfluss oder zumindest einen Teil davon genießen?

Jesus fordert seine Zuhörer in Lukas 12,33 (NLB) auf: „Verkauft, was ihr habt, und gebt es den Bedürftigen!“ Ich selbst habe mir die Frage beim Hausbau gestellt: Ist es vernünftig, so viel Geld in Steine zu investieren? Was könnte man mit dem gleichen Geld auf der Erde Gutes tun. Das könnte aus meiner Sicht eine der Ursachen bei uns Christen sein, dass wir häufig in Opportunitätskosten denken. Wir überlegen unbewusst, was man mit dem Geld alles Gutes tun könnte, während wir es für uns selbst nutzen. Was es für Gelegenheiten, Alternativen gäbe, es vielleicht sinnvoller einzusetzen. Also: was sind die Opportunitätskosten meines Genusses? Dieses Vergleichen führt unweigerlich dazu, dass wir uns schlecht fühlen, denn es wird immer Menschen in Not geben, denen das Geld mehr Nutzen und mehr Sinn stiftet, als wenn ich es für mich nehme.

 

Innere Herzenshaltungen

1.

Es gibt teilweise ein Gottesbild, dass Gott als einen griesgrämigen Gott darstellt, der nur auf unsere Fehler wartet, um uns endlich wieder zu strafen. Doch ich bin mir sicher, dass Gott keine Freude und keinen Spaß hat, wenn er straft, das ist kein “Genuss” für ihn. Im Prophetenbuch Hesekiel, da sagt Gott in Kapitel 33,11 (NLB):

So wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr: ich freue mich nicht über den Tod eines gottlosen Menschen, sondern ich freue mich viel mehr, wenn er sein Verhalten ändert und am Leben bleibt.

Wir haben keinen Gott, der sich über Strafe definiert, sondern über Liebe. Gott sagt zu uns Menschen in Jeremia 31,3 (SLT):

Mit ewiger Liebe habe ich Dich geliebt!

Johannes greift diesen Gedanken auf, dass Gott uns liebt. Er schreibt in 1. Johannes 4,7-10 (NLB):

Liebe Freunde, lasst uns einander lieben, denn die Liebe kommt von Gott. Wer liebt, ist von Gott geboren und kennt Gott. Wer aber nicht liebt, kennt Gott nicht – denn Gott ist Liebe. Gottes Liebe zu uns zeigt sich darin, dass er seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit wir durch ihn das ewige Leben haben. Und das ist die wahre Liebe: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern er hat uns zuerst geliebt und hat seinen Sohn gesandt, damit er uns von unserer Schuld befreit.

Ich glaube, wenn wir nicht genießen, weil wir Angst vor einer Strafe Gottes haben, steht dahinter ein falsches Gottesbild. Wir haben einen Gott, der es gut mit uns meint!

In der Liebe gibt es keine Furcht, denn Gottes vollkommene Liebe vertreibt jede Angst. Wer noch Angst hat, rechnet mit Strafe. Bei ihm hat die Liebe ihr Ziel noch nicht erreicht.

(1. Johannes 4,18; NeÜ)

2.

Eine weitere innere Haltung ist ein christliches Leistungsdenken. Die Frommen nennen das Werksgerechtigkeit. Das meint, dass wir uns unser Heil durch gute Taten bei Gott erkaufen, uns verdienen wollen. Also versuchen wir, besonders gut zu leben, um Gott damit zu beeindrucken. Also nicht falsch verstehen, ein gutes und gottesfürchtiges Leben zu führen ist eine sehr gute Sache, das ist absolut biblisch! Aber es kommt aus meiner Sicht auf die Motivation dahinter an! Verhalte ich mich aus Dankbarkeit so, weil Gott uns zuerst geliebt hat, wie wir es eben gelesen haben. Oder versuche ich, Gott mit meinen guten Taten zu beeindrucken?

Da ist die Bibel auch wieder sehr klar und sagt, dass wir aus eigener Kraft vor Gott nicht gerecht sein können. Jesus ist der einzige Weg zu Gott, niemand kommt zum Vater im Himmel außer durch ihn. Meine guten Taten können also nur eine Folge davon sein, dass Jesus uns rettet, aber nicht der Ausgangspunkt, um vor Gott gut dazustehen.

3.

Manchmal nehme ich es so war, dass Verzicht auch ein nach außen getragenes Zeichen von besonderer Frömmigkeit ist. Und dann wird eine ganz strenge, manchmal fast leidende Miene aufgesetzt, sodass jeder sofort sehen kann, was für ein großes schweres Opfer das ist. Wir verzichten dann nicht aus Liebe, sondern aus Pflichtgefühl.

Jesus sagt in der Bergpredigt in Matthäus 4:

Wenn ihr Gutes tut, dann tut es nicht öffentlich, nur damit ihr bewundert werdet… Wenn ihr z.B. fastet, dann schaut nicht so drein wie die Heuchler! Sie setzen eine wehleidige Miene auf…, damit jeder merkt, dass sie fasten. Ich versichere euch: Diese Leute haben ihren Lohn schon erhalten! Bei dir soll es anders sein: Wenn du fastest, dann pflege dein Äußeres so, dass keiner etwas von deinem Verzicht merkt – außer deinem Vater im Himmel. Denn er ist auch da, wo niemand zuschaut. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.

Also, wo Verzicht auf Genuss als Zeichen einer besonderen Frömmigkeit zur Schau gestellt wird, liegt auch etwas im Argen. Auch hier ist die Motivation nicht so, wie Jesus es sich wünscht.

 

Arbeit und Genuss

Als Eva und Adam das Paradies nach dem Sündenfall verlassen mussten, da sagte Gott zu Adam:

Weil du auf deine Frau gehört und von der verbotenen Frucht gegessen hast, soll der Ackerboden deinetwegen verflucht sein. Dein ganzes Leben lang wirst du dich abmühen, um dich davon zu ernähren.

(1. Mose 3,17; NLB)

Arbeit und Mühe gehören seither zum Leben der Menschen dazu. Das ist jetzt noch keine besondere Erkenntnis, vermutlich nichts Neues. Aber Gott hat uns auch einen Ausgleich für diese Mühe geschenkt! Das lesen wir in Prediger 9,9 (NLB):

Sei glücklich mit der Frau, die du liebst; genieß jeden flüchtigen Tag deines kurzen Lebens, das Gott dir auf dieser Erde gegeben hat. Denn das ist der Lohn, den du für deine irdischen Mühen bekommst.

Durch Jesus Christus sind wir frei von jedem Fluch. Aber natürlich spüren wir harte Arbeit an unserem Körper. Das geht auf keinen Fall spurlos an uns vorbei. Arbeit ohne Last wird es wohl erst im Himmel geben. Aber der Lohn für diese Mühe ist, dass wir jeden Tag unseres kurzen Lebens genießen sollen! Und übrigens nicht nur am Sonntag oder am Sabbat, sondern jeden Tag, so sagt es der Prediger. Daher würde ich nicht sagen, dass jeder Genuss etwas Unnötiges oder gar Sündiges ist.

 

Überdosis

Ich fürchte, fast alles Gute, dass Gott uns schenkt, kann in einer Überdosis auch ins Gegenteil verkehrt werden. Gerade in unserer Gesellschaft habe ich teilweise den Eindruck, dass Genuss und Spaß zum obersten Lebenssinn erhoben werden.

Das ist übrigens nicht ganz neu, schon in der Antike gab es die philosophische Lehre des Hedonismus. Danach ist das Streben nach Lust und Genuss das höchste ethische Prinzip! Das private Glück liegt demnach in der dauerhaften Erfüllung der eigenen physischen und psychischen Lust. Der Hedonismus geht zurück auf Aristippos von Kyrene, der ca. 400 Jahre v. Chr. lebte und ein Zeitgenosse von Sokrates war.

Wenn Ihr unseren Online-Kurs mitgemacht habt, kennt ihr unsere Gedanken zur geistlichen Dimension hinter dem Hedonismus unserer Zeit. Ich glaube, dass es gerade die spirituelle Leere unserer Zeit den Werbestrategen so leicht macht, Produkte mit besonderen Werten aufzuladen. Also Werte nicht im Sinne von Euro-Werten, sondern Werte im Sinne von moralischen Idealen oder immateriellen Zielen. Ich denke an Unabhängigkeit, Glück, Hoffnung, Freiheit, Abenteuer, Selbstwert, Bestätigung usw.

Der Konsum von privaten Haushalten in Deutschland hat sich von 1991 bis 2019 mehr als verdoppelt! An der Medizinischen Hochschule in Hannover, forscht Frau Prof. Dr. Dr. Astrid Müller zum Thema pathologisches, also krankhaftes Kaufen. Sie schreibt dort u.a.: „Etwa fünf Prozent der deutschen Bevölkerung ist stark kaufsuchtgefährdet… Kaufsüchtige sind im Moment des Kaufens davon überzeugt, dass sie die Ware auch tatsächlich brauchen… Das Kaufen wird dazu genutzt, sich besser oder selbstbewusster zu fühlen oder um negative Gefühlzustände zu überdecken. Das Stimmungshoch ist aber von kurzer Dauer, da sich nach dem Kaufakt Einsicht und Reue einstellen.“ [1]

Ich glaube, das Fatale ist tatsächlich, dass wir nicht nur irgendwelche Werte, sondern teilweise auch unseren eigenen Wert über den Genuss von Konsumgütern definieren. Dabei ist unsere Beziehung zu Jesus Christus letztendlich das einzige, das uns einen bleibenden, ewigen Wert gibt. Auf jeden Fall nicht der Konsum oder der Genuss.

König Salomo, einer der reichsten Männer seiner Zeit, der wirklich ausgiebig und intensiv gelebt hat, schreibt folgendes:

Wenn mir etwas ins Auge stach, was ich haben wollte, nahm ich es mir. Ich versagte mir keine einzige Freude. Und ich freute mich bei all den Mühen, die ich hatte – das war gleichsam ein Nebenlohn meiner Anstrengungen. Doch als ich alles prüfend betrachtete, was ich mir mit meinen Händen erworben hatte, … merkte ich, dass alles sinnlos war. Es war so unnütz wie der Versuch, den Wind einzufangen. Es gibt keinen bleibenden Gewinn auf dieser Welt.

(Prediger 2,10-11; NLB)

König Salomo hat erkannt, dass es im Leben so viel Wichtigeres gibt als materiellen Genuss. Jesus sagt in Lukas 9,25 (NLB):

Was nützt es, die ganze Welt zu gewinnen, aber dabei an der eigenen Seele Schaden zu nehmen oder sie zu verlieren?

Genuss, Geld und Reichtum können vergehen, dann ist es umso wichtiger, intakte Beziehungen zu haben, die einen tragen und halten. Beziehungen zu Menschen, aber auch zu Gott!

 

Zufriedenheit

Paulus schreibt in 1. Timotheus 6,6-7 (NGÜ) über echten Gewinn:

Nun, ein Leben in der Ehrfurcht vor Gott bringt tatsächlich großen Gewinn, vorausgesetzt, man kann sich – was den irdischen Besitz betrifft – mit wenigem zufrieden geben. Oder haben wir etwas mitgebracht, als wir in diese Welt kamen? Nicht das Geringste! Und wir werden auch nichts mitnehmen können, wenn wir sie wieder verlassen.

Paulus nennt hier neben dem wahren Glauben einen weiteren Punkt, der aus meiner Sicht für einen gesunden Genuss elementar ist: Zufriedenheit! Wenn ich etwas genieße, dann kann ich es nur mit einem zufriedenen Herzen wirklich genießen:

  • nicht die Opportunitätskosten bedauern,
  • mich nicht mit anderen vergleichen, die aus meiner Sicht womöglich viel mehr oder besser genießen können

Ein zufriedenes Genießen funktioniert auch nur, wenn wir komplett im hier und jetzt sind. Wenn wir noch mit den Gedanken an der Vergangenheit hängen oder schon wieder über die nächsten Aufgaben nachdenken, die vor uns liegen, werden wir nicht die Ruhe finden, um genießen zu können!

 

Dankbarkeit

Wenn wir mit Dankbarkeit im Herzen genießen, dann ehren wir damit auch Gott. So heißt es in Psalm 50,23 (HFA):

Wer mir dankt, der bringt damit ein Opfer, das mich wirklich ehrt. Er macht den Weg frei, auf dem ich ihm Rettung bringe!

Dank kann auch ein Opfer sein! Einfach ein Geschenk annehmen, ohne Wenn und Aber, das fällt uns manchmal schwer! Auch da können wir Dank als Opfer sehen und lernen dankbar anzunehmen!

 

Das größte Geschenk

Ich denke, wer Gott als Geber anerkennt und sich nicht nur ums sich selbst dreht, der wird noch viel mehr finden als weltlichen Genuss! Er wird Gottes größtes Geschenk an uns finden: Ewiges Leben! Denn hier kommt die Welt an ihre Grenzen: Keine Werbung kann uns mit ewigem Leben locken. Daher steht einer meiner Lieblingsverse zum Thema Genuss in 1. Timotheus 6,17 (NGÜ):

Schärfe denen, die es in dieser Welt zu Reichtum gebracht haben, ein, nicht überheblich zu sein und ihre Hoffnung nicht auf etwas so Unbeständiges wie den Reichtum zu setzen, sondern auf Gott! Denn Gott gibt uns alles, was wir brauchen, in reichem Maß und möchte, dass wir Freude daran haben.

 

Balance

Wenn ich genieße, möchte ich darauf achten, dass durch meinen Genuss möglichst weder Menschen ausgebeutet, noch die Schöpfung zerstört wird! Manchmal habe ich den Eindruck, dass diese Erlaubnis Gottes zum Genuss als Freifahrtschein missbraucht wird, sich nicht um die Folgen des eigenen Konsums und Genusses kümmern zu müssen.

Genuss ist mein Lohn, aber trotzdem sollte er nicht völlig losgelöst von der Welt gelebt werden, in die uns Gott gestellt hat. Wie ist es beim Genuss von z.B. Klamotten, die unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen hergestellt wurden? Beim Genuss eines Autos oder eines Urlaubs, der einen katastrophalen ökologischen Fußabdruck hinterlässt? Gar nicht so einfach, hier nicht wieder in Opportunitätskosten zu denken!

Ich glaube, hier können wir nur Gott um Weisheit bitten, die richtige Entscheidung zu treffen. Wir brauchen einfache eine gute Balance zwischen Genuss und Gerechtigkeit, zwischen Konsum und Verantwortung.

In Jeremia 22,15-16 (HFA) spricht der Prophet zum König von Juda, zu Joahas über dessen Vater Josia:

Bist du deshalb ein großer König, weil du prunkvolle Bauten aus Zedernholz errichtest, die schöner sind als andere? Auch dein Vater hat sein Leben genossen, doch er sorgte für Recht und Gerechtigkeit, und darum ging es ihm gut. Er verhalf den Armen und Bedürftigen zu ihrem Recht und hatte Erfolg bei dem, was er tat. Wer so lebt, hat mich, den Herrn, wirklich erkannt.

König Josia hat das Leben genossen, und gleichzeitig hat er sich für Recht und Gerechtigkeit eingesetzt. Und Gott sagt: Ja, es ist ok! Du darfst Dein Leben genießen! Aber vergiss darüber hinaus nicht, worauf es wirklich ankommt im Leben!

Wenn unser Leben davon geprägt ist, dass wir immer wieder Gemeinschaft mit unserem himmlischen Papa im Himmel haben, werden wir auch gute Entscheidungen treffen. Die können ganz individuell ausfallen. Jesus ist immer wieder alleine gewesen mit Gott. Dort hat er sich an seine Identität erinnert und hat die liebevollen Worte seines Vaters gehört. Danach kam er wieder mit Menschen zusammen und hat die unterschiedlichsten Wunder getan, gepredigt oder gefeiert.
Für mich ist auch das Genuss. Einfach da zu sein und sich angenommen wissen von Gott. Über die Schönheit der Natur oder einfach über seine Liebe staunen.

 

Fazit

Ja, auch Christen dürfen das Leben, dürfen die Schöpfung und dürfen vom Überfluss genießen. Wir dürfen dankbar und zufrieden sein und genießen! Gott schenkt dem Sämann nicht nur Samen für das nächste Jahr, sondern auch Getreide für das Brot, um es mit der Familie zu genießen. Beides gehört zusammen und sollte nicht einseitig gelebt werden: Der Genuss und die Gerechtigkeit. Und das in dem Wissen, dass Gott nicht nur das Brot, sondern auch die Fähigkeit schenkt, überhaupt genießen zu können. Auch das ist ein Geschenk Gottes!

Das Beste, was ein Mensch da tun kann, ist: essen und trinken und die Früchte seiner Arbeit genießen. Doch ich weiß: Das kann nur Gott ihm schenken!

(Prediger 2,24; HFA)

[1] https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/sucht/kaufsucht-wenn-konsum-zur-krankheit-wird/

 

Link zum Podcast „Oh du heiliges Geld“ (085)